LRS : Lese-Rechtschreibschwäche

 

Definitionsmöglichkeiten:

  • Teilleistungsstörungen für schulisches Lernen bei normaler bis überdurchschnittlicher Intelligenz

  • Sensorische Integrationsstörung (v. a. auditive, visuelle und motorische Wahrnehmungsstörung)

  • Verosensomotorische Integrationsstörung

  • Entwicklungsdyslexie – dysgraphie

  • Zentrale Hörverarbeitungsstörung

Eine Störung des Lese- und Schreiberwerbs entwickelt sich langsam. Die Grenzen zwischen einer verlangsamten Lese- und Schreibentwicklung und einer Lese- Rechtschreibstörung sind fließend. Die Symptome der Störung sind abhängig von dem jeweiligen Schuljahr. Ab Mitte der ersten Klasse sind Testungen möglich, um eine genaue Aussage über die Fähigkeiten des Lese- und Schreiberwerbs treffen zu können. Durch diese Testungen können bei Bedarf individuelle Fördermöglichkeiten festgelegt werden. Es muss hierbei differenziert werden, ob eine Störung der phonologischen Bewusstheit, der zentral- auditiven Verarbeitung und/ oder des Lese- und Schreiberwerbs vorliegt. Hierzu sind differenzialdiagnostische Untersuchungen durch verschiedene Fachrichtungen erforderlich.

 

Risikofaktoren und mögliche Ursachen:

 

Es gibt diverse Risikofaktoren. Meistens sind mehrere Faktoren für die Entwicklung einer Lese-Rechtschreibstörung verantwortlich. Folgende Risikofaktoren können zu einer Lese-Rechtschreibstörung beitragen:

 

       Verspäteter Sprechbeginn

Sprachentwicklungsstörung

Artikulationsstörungen und phonologische Störungen

Zentral-auditive Verarbeitungsstörungen

Allgemeine Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen

Allgemeine Wahrnehmungsstörungen

Starke und längerfristige Mittelohrprozesse

Genetische Faktoren, Vererbung

Soziale Faktoren im Sinne einer nicht ausreichenden Sprachförderung im Alltag

 

Gutachten über Legasthenie werden von Kinder – und Jugendpsychiater erstellt.

Regelung für Schulen in Bayern:

Test erfolgt durch den schulpsychologischen Dienst.

 

Die Legasthenie ist neurologisch nachweisbar. Das Gehirn ist weniger neuronal verknüpft.

Der höchste Grad der neuronalen Verknüpfung ist zwischen dem 0 – 3. Lebensjahr zu beobachten. Die Stimulation der Nervenzellen ist Voraussetzung für die Hirnreifung.

Kinder erkunden in dieser Zeit ihre Umgebung und probieren vieles aus.

Alle LRS – Kinder haben Wahrnehmungs – bzw. Verarbeitungsprobleme.

 

Voraussetzungen für schulische Leistungen :

Lesen, Schreiben, Diktat, Textaufgaben, Grundrechenarten

- auditive Merkfähigkeit, Sequenzbildung, Figur – Grundwahrnehmung,

  Diskriminationsfähigkeit, Analyse, Synthese

- visuelle Raumlage Wahrnehmung, räumliche Beziehung, Figur – Grund

         Wahrnehmung, Formkonstanz

- Auge – Hand – Koordination (Visomotorik)

  • taktil – kinästhetische Wahrnehmung (Oberflächenwahrnehmung)

  • propriozeptive Wahrnehmung (Tiefenwahrnehmung)

  • Eigenwahrnehmung, Körperwahrnehmung

  • Konzentrationsfähigkeit

  • Sozial – emotative Entwicklung

  • Mengenerfassung

  • Situatives Verständnis

  • Sprachverständnis

  • Lateralisierung (Körperdominanz)

  • Verknüpfung von Informationen

 

Therapieziel:

 

Ziel der Therapie ist der qualitative und quantitative Ausbau des neuronalen Netzes.

Das LRS – Kind muss lernen, welche Reizverarbeitung unterdrückt werden muss und welche nicht.Je besser die vertikale und horizontale Systeme verknüpft sind, desto besser, d.h. wacher, stressresistenter ist die Reizverarbeitung.Grundlegende Voraussetzung in der Therapie ist es, dem Kind ein eigenverantwortliches Handeln im Alltag zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist u.a. die Klarheit des Therapeuten.

„Hilf mir es selbst zu tun“ (Montessori)

Bei Stress ist die Verarbeitung nur sereal möglich. Gleichzeitige Ausführung von Hörverarbeitung (Aufnahme der Anweisung) und motorischem Bewegungsablauf ( Schneiden) ist nicht möglich. „Das Kind hört auf zu schneiden, wenn es gefragt worden ist.“

Bei Überbelastung geht die Energie in den Körper. Es erfolgt eine motorische Reaktion (Zappeln).

In der Kindergartenzeit wird meist die rechte Hemisphäre gefördert. In der Schule ist wiederum linkshemisphärisches Arbeiten verlangt. Viele LRS-Kinder lösen Aufgaben rechtshemisphärisch und tun sich durch den linkshemisphärisch ausgelegten Schulstoff schwer im Unterricht ( Vorgangsbeschreibungen, Textaufgaben)

Rechtshemisphärische Leistung = Rhythmus,Melodie,Emotionalität,Geschichten,Bilder

Linkshemisphärische Leistung = Struktur,Logik,analytisches Denken ohne Emotion

 

In der Schule fallen die Kinder durch folgende Symptome :

Motorische Unruhe

Kopf aufstützen

Mit dem Stuhl kippeln

Früher Konzentrationsabfall

Dazwischenrufen

Häufiges Nachfragen

Hintergrundgeräusche stören

Kurze auditive Gedächtnisspanne

Recht-Links Unterscheidung ist nicht sicher

Hampelmann geht nur mit Kompensationsstrategien

Ballfangen ist schwierig

Hüpfen / Stehen auf einem Bein bereitet Mühe

Vergessen Hausaufgaben

Fehlendes Regelbewusstsein beim Turnen

Vermeiden von langsamen Bewegungen

Bevorzugen von schnellen Sportarten

Probleme beim Buchstabieren

Schwierigkeiten beim Zehnerübergang

Buchstaben und Zahlenverdreher

Viele Fehler beim Kopfrechnen

Dauernd fällt etwas runter

Die Tischhälfte reicht nicht aus

Fehlendes Lese-Sinnverständnis

Ungenaues und undeutliches Lesen

Überlesen der Satzzeichen

Falsche Betonung beim Lautlesen

Textaufgaben werden nicht verstanden

Schwierigkeiten Geschichten ( Chronologie ) zu erzählen

Schreiben Aufsätze im Telegrammstil

Vergessen Verben und Satzteile in der Erzählung

Die Schreibschwungrichtung ist unsicher

Heft liegt beim Schreiben schräg

Häufiges Radieren und Ausbessern

Kleiner werdendes Schriftbild

Fehlende Mimik, starrer Blick

Häufiges Kopfweh

Unsaubere Heftführung

Mangelndes Zeitgefühl

Langsames Arbeitstempo

Brauchen sehr viel Zeit für die Hausaufgaben

Fehleranalyse

 

Das Kind spricht beim Schreiben lautgetreu mit. Gib acht = „Gib bach“

 

Teilleistungsschwierigkeiten entsprechende Fehler

 

  • b / d / p /q Vertauschung/ Richtungswechsel der Schrift : Raum – Lage, motorische

Koordination, Lateralisation

  • Auslassungen / Vertauschen von Silben : auditives Gedächtnis, Hörmerkspanne,

Sequenzen

  • Verwechslung von K / G, B / P, D / T : propriozeptive Wahrnehmung

(unterschiedlicher Druck beim Schreiben).

Für das Schriftbild gilt allgemein:

Wenn die Konzentration nachlässt, wird die Schrift größer und breiter. Es gibt viele Aneinanderreihungen ohne Grammatikgebrauch, falsche Reihenfolgen und Auslassungen.

 

 

Wie entwickelt sich der Lese- und Schreiberwerb?

 

Das Kind nähert sich Schrittweise an die korrekte Schreibweise von Wörtern, Sätzen und Texten an. Der Erwerb der Rechtschreibung erfolgt mit Hilfe verschiedener Strategien. Diese bauen aufeinander auf und laufen parallel zueinander ab.

 

In der Vorschulzeit...

 

Zunächst muss das Kind ein Bewusstsein für die Struktur von Wörtern entwickeln und erkennen. Es muss begreifen, dass man Wörter in noch kleinere Einheiten unterteilen kann. Hierzu muss es die Aufmerksamkeit von der Wortbedeutung auf die Wortstruktur lenken. Diese Fähigkeit nennt man die phonologische Bewusstheit. Erst auf dieser Basis ist es möglich die Rechtschreibung schrittweise zu erlernen und im ersten Grundschuljahr nach „Gehör“ zu schreiben. In der Vorschulzeit ist das Reimen und Klatschen von Silben daher eine gute Vorbereitung auf das Lesen und Schreiben.

 

Im ersten und zweiten Schuljahr...

 

Das Kind verschriftet zunächst die eigene Artikulation- jedem gesprochenen Laut wird ein geschriebener Buchstabe zugeordnet. Dabei werden die Wörter zunächst noch häufig unvollständig geschrieben und weichen noch erhebliche von der korrekten Normschreibweise ab. Schrittweise lernt das Kind dann, dass es keine 1:1 Beziehung zwischen der gesprochenen Sprache und der Schriftsprache gibt und lernt Laute wie <sch, ch, ei>.

 

Ab dem zweiten Schuljahr...

 

Ab dem zweiten Schuljahr erwirbt das Kind allmählich „Merkelemente“ (z.B. die Schreibung von. <ie> statt <i> oder <ah> statt <a>). Auch „Regelelemente“ wie z.B. Dopplungen von Lauten, und die Schreibung von <sp, st> statt <schp, scht> beginnt es zu begreifen. Außerdem lernt es langsam die Schreibungen von dem Wortstamm abzuleiten (z.B. Mäuse- Maus) und die Schreibung durch die bewusste Strukturierung von Wörtern (wie z.B. bei Ver-käuf-er- in) abzuleiten.

 

Ab Mitte des zweiten Schuljahres...

 

Ab Mitte des zweiten Schuljahres erkennt es, dass die Schreibung der Einzelwörter von der Satzbildung und der grammatischen Struktur abhängig ist. So kann es z.B. langsam über Groß-/ und Kleinschreibungen entscheiden. Auch der Gebrauch von Satzzeichen wird nun langsam erlernt.

 

Ab dem dritten Schuljahr...

 

Das Kind verfügt immer sicherer über die „Rechtschreibregeln“, es lernt die Regeln und Ausnahmen. Es kann Schreibweisen immer sicherer von der Grundform und von Wortteilen ableiten und lernt hierdurch z.B. „Räuber“ statt „Reuber“ oder „Hand“ statt „Hant“ zu schreiben. Es lernt die Rechtschreibregeln auch immer sicherer in Sätzen und Texten anzuwenden und achtet auf wortübergreifende Regeln. So verwendet es nun verschiedene Satzzeichen und achtet immer mehr auf die Groß- und Kleinschreibung.

 

 

Ab dem vierten Schuljahr...

 

Das Kind wendet die Regel- und Merkelemente nun überwiegend sicher an, es kann Wörter sicher durchgliedern und den Wortstamm erschließen. Schreibweisen können immer sicherer abgeleitete werden. Auch in längeren Sätzen und Texten wendet es die Rechtschreibregeln überwiegend korrekt an. Es lernt Fremdwörter und komplexe Wörter zu durchgliedern und zu schreiben.

 

Nach dem vierten Schuljahr...

 

Die Rechtschreibung entwickelt sich besonders stark in den ersten vier Schuljahren. Danach erfolgt noch eine weitere Differenzierung und Sicherung. Es lernt nun noch hauptsächlich Fremdwörter sicher zu schreiben und Ausnahmeregeln zu beherrschen.

 

Der Leseerwerb...

 

Der Leseerwerb entwickelt sich ebenfalls schrittweise. Das Kind lernt nach und nach den geschriebenen Buchstaben Laute zuzuordnen, es lernt diese zusammen zu ziehen und das Gelesene zu verstehen. Ab dem zweiten Schuljahr sollte das Kind Sätze und kurze Texte lesen und ausreichend verstehen können. Ende des dritten Schuljahres sollte es flüssig Sätze und Texte lesen können. Am Ende des vierten Schuljahres sollte es längere Texte mit adäquater Betonung lesen und verstehen können.

 

     Wie äußert sich eine Störung des Lese- und Schreiberwerbs?

 

Die Symptome hierbei sind vielfältig, man findet sie in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Sie sind abhängig von den Anforderung des jeweiligen Schuljahres und dem sprachlichen Entwicklungsstand. Da die Symptome von vielen Faktoren abhängig sind, erfolgt an dieser Stelle keine differenzierte Auflistung und Alterszuordnung. Im Anschluss an eine ausführliche Diagnostik ist es uns möglich die Fehler in Abhängigkeit zu dem allgemeinen Entwicklungsstand zu interpretieren. Nach einer Überprüfung können Ihnen die Stärken und Schwächen Ihres Kindes genau erläutert werden. Sie sollten unseren Rat suchen, wenn Sie Folgendes bei Ihrem Kind beobachten können und/ oder die Lehrer Ihnen dazu raten:

 

Suchen Sie uns im Laufe des ersten Schuljahres auf, wenn Ihr Kind Mitte bis Ende des ersten Schuljahres noch folgende Symptome zeigt:

 

Das Kind lässt eine hohe Anzahl an Buchstaben aus.

Das Kind vertauscht Buchstaben noch häufig und/ oder schreibt diese spiegelverkehrt.

Das Kind vertauscht die Vokale (a, e, i, o, u).

Die Wörter sind nicht ausreichend zu entziffern, weil viele Laute ersetzt oder

ausgelassen werden.

Das Kind kann noch keine Wörter schreiben oder schreibt nur einzelne Buchstaben.

Dem Kind fällt es schwer den gehörten Lauten sicher die einzelnen Buchstaben

zuzuordnen.

Das Kind kann Laute noch nicht oder kaum zusammenziehen und noch keine Wörter

lesen.

 

Suchen Sie uns im Laufe des zweiten Schuljahres auf wenn folgende Symptome auftreten:

 

Ihr Kind weist Auffälligkeiten auf, wie sie unter dem Punkt des ersten Schuljahres beschrieben sind!

Ihr Kind zeigt noch keine Merkelemente. So wird z.B. /ie/ noch konstant durch /i/ ersetzt und die Längenzeichen (wie „ah“ in Fahrrad) werden noch nicht realisiert.

Das Kind zeigt noch keine Anzeichen die Reglung der Dopplung von Lauten zu erkennen. So wird Hammer z.B. noch zu <hama>.

Dem Kind ist noch nicht die verkürzte Darstellung von Endungen bewusst- so realisiert es die Endung -er noch durch /a/.

Das Kind schreibt statt <sp, str, st> noch als <schp, schtr, scht>

Ihr Kind entwickelt grundsätzlich noch keine ersten Regelmarkierungen wie Auslautverhärtungen oder Umlautableitungen (z.B. „Hunt“ statt „Hund“ oder „Reuber“ statt „Räuber“)

Das Kind hat noch nicht verstanden, dass es nicht nur eine Eins- zu Eins- Beziehung zwischen geschriebenen Lauten und der gesprochenen Sprache gibt, sondern auch Regeln.

Das Kind vertauscht Buchstaben noch häufig oder schreibt diese abweichend.

 

Suchen Sie uns Anfang des dritten Schuljahres auf, wenn folgende Symptome auftreten:

 

Das Kind weist Auffälligkeiten auf, wie sie unter den oben aufgeführten Punkten des ersten und zweiten Schuljahres beschrieben sind!

Das Kind ist sich noch nicht ausreichend über die Struktur von Wörtern und die Herleitung des Wortstammes bewusst.

Das Kind wendet nur wenige oder keine Rechtschreibregeln an.

Ihr Kind wendet Rechtschreibregeln häufig im nicht passenden Kontext an. So setzt es z.B. sehr häufig ein /h/ hinter einen Vokal oder schreibt überwiegend /ie/ statt /i/ obwohl dies nicht passend ist.

Das Kind verwendet noch keine Längezeichen (ie, ah, aa) und/ oder Kürzebezeichnungen (wie „pp“ in „Puppe“).

Das Kind kann den Wortstamm noch nicht erschließen und die korrekte Schreibweise noch nicht ableiten (so schriebt es z.B. noch <Reuber> statt <Räuber>)

Das Kind kann Wörter nicht ausreichend durchgliedern und lässt noch Buchstaben oder Silben aus und erkennt z.B. Vorsilben wie „ver“ nicht.

 

Suchen Sie uns Anfang des vierten Schuljahres auf, wenn folgende Symptome auftreten:

 

Das Kind weist Auffälligkeiten auf, wie sie unter den oben aufgeführten Punkten des ersten, zweiten und dritten Schuljahres beschrieben sind!

Das Kind hat Schwierigkeiten Wortarten zu unterscheiden.

Das Kind zeigt noch deutliche Rechtschreibfehler beim Schreiben von Wörtern und Sätzen.

Das Kind hat Schwierigkeiten Rechtschreibregeln abzuspeichern.

Das Kind hat Schwierigkeiten bei der Entscheidung über Satzzeichen.

Es bestehen große Schwierigkeiten in der Groß- und Kleinschreibung.

Es bestehen große Schwierigkeiten in den Regeln der Zusammen- und Getrenntschreibung.

Das Kind erlernt Fremdwörter nicht oder nur sehr schwer.

Das Kind vertauscht Buchstaben beim Lesen und Schreiben noch häufig.